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Startseite > Ausgabe 4/2016 > Jungen JungenDas schwache Geschlecht im heutigen Schulsystem Seit der Einführung des Gymnasiums G 8 in fast allen Bundesländern ist ein erstaunliches Phänomen festzustellen: Bei den Abiturschnitten sind die Mädchen meist besser als die Jungen – Ausnahmen bestätigen natürlich immer die Regel. Jungen tun sich in der Schule schwerer Einen ersten Hinweis auf die Beantwortung dieser Frage kann man aus der Diskussion bezüglich des Bayerischen Gymnasium erhalten. Bayern hat mit Beginn des Schuljahres 2015/2016 den Modellversuch „Mittelstufe Plus“ gestartet. Statt in drei kann diese in vier Jahren absolviert werden. Dazu titelt die Süddeutsche Zeitung: „Es geht auch um Reife. Das Zusatzjahr im Gymnasium hilft vor allem den Buben.“ 3 Jungen brauchen männliche Erzieher und Lehrer Seit ich mich intensiv mit der Frage nach der Initiation, also mit dem Prozess der Persönlichkeitsentwicklung und des Erwachsenwerdens beschäftige, habe ich die Situation von Jungen viel besser verstanden. Man könnte es auf folgende Formel bringen: Jungen vermissen männliche Initiations-Mentoren, die ihnen in ihrer Pubertät beistehen und sie bei ihrem Prozess der Persönlichkeitsentwicklung hin zum Erwachsenwerden adäquat und einfühlsam begleiten und ihnen Orientierung geben. Dies soll in folgenden Thesen plakativ zum Ausdruck gebracht werden: 1. These: Heute wird der Kita-Ausbau sehr forciert. Viele Eltern wollen ihre Kinder aus beruflichen Gründen schon im ersten Lebensjahr in die Kindertagesstätte bringen. Die Kinder erleben dort fast ausschließlich Frauen. 2. These: Im Kindergarten haben es die Jungen und Mädchen in der Regel ebenfalls nur mit Frauen zu tun. Auch in der Grundschule gibt es fast nur noch weibliche Lehrerkräfte. Die Kinder treten dann über in die Mittelschule, meist aber in weiterführende Schulen wie Realschule oder Gymnasium. Dort sind heute 70 bis 80 Prozent der Lehrkräfte wiederum Frauen. 3. These: Gerade in der Pubertät brauchen die Jungen unbedingt männliche Lehrkräfte, um sich an den erwachsenen Männern orientieren, reiben und messen zu können. Für ihre Entwicklung benötigen Jungen neben dem eigenen Vater, der zudem während des Tages häufig weg von zu Hause ist, weitere männliche Vorbilder bei ihrem Pubertätsprozess. 4. These: Fehlen aber „Lehrer-Männer“, dann ist die Persönlichkeitsentwicklung der Jungen womöglich blockiert oder sie verläuft einseitig in einem zu weiblichen Werte- und Kommunikationssystem ab. Weibliche Lehrkräfte können diesen Mangel nicht wirklich ausgleichen. Jungen brauchen Männer! Jungen müssen täglich einige Stunden lang „be-vatert“ werden. 6. These: Daher benötigen gerade Jungen unbedingt geeignete und rechtzeitig durchgeführte Initiationsrituale, durch die sie ihre Kraft, ihren Mut, ja sogar ihr Draufgängertum zeigen und zur Besinnung kommen können. Und sie sehnen sich nach Anerkennung dafür vor allem von Männern. Hierin liegt eine wichtige pädagogische und gesellschaftliche Aufgabe, die bisher überhaupt nicht gesehen wird. 7. These: Fallen solche Übergangsrituale aus, haben viele Jungen ein Problem. Sie sind in ihrer Entwicklung blockiert, zumindest aber gehemmt, weil niemand da ist, der sie in ihrem innersten Wesen annimmt, sie in ihrem Initiations-Bedürfnis versteht, sie da abholt, wo sie gerade sind und sie liebevoll, mit dem nötigen Ernst, aber auch mit Humor durch ihre Pubertät und hinein ins Erwachsensein führt. Hier sehe ich einen Hauptgrund, warum Jungen zum schwachen Geschlecht im heutigen Schulsystem geworden sind. 8. These: „Lehrer-Männer“ könnten und sollten solche Mentoren sein, die den Jungen initiatorische Mutproben ermöglichen, ihnen aber auch Grenzen setzen, wenn diese nötig sind. Männliche Lehrer sind schon von ihrem Beruf her eigentlich dafür prädestiniert. Sie sollten jedoch dazu selbst ausgebildet sein, um das Initiations-Potential der Jugendlichen besser erkennen und wertschätzen zu können. Das Übergangsritual des „WalkAway“ Traditionelle Völker wie die Indianer Nordamerikas oder die Aborigines in Australien wussten um die enorme Bedeutung von adäquaten und rechtzeitig durchgeführten Übergangsritualen – sogenannten „rites of passage“. Daher wurden vor allem die Jungen von ausgewählten und erfahrenen Initiations-Mentoren an der Schwelle zum Erwachsenwerden für einige Tage allein in die Wildnis geschickt. Peter Maier Quellen:
Weiterführende Literatur: Peter Maier Peter Maier Peter Maier Nähere Infos und Buch-Bezug:
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